Kritik als Spiegel – Tieferes Verstehen

Kritik trifft selten nur den, an den sie gerichtet ist. Sie bewegt fast immer auch den, der sie ausspricht. Denn jede Form der Kritik offenbart nicht nur einen Standpunkt – sondern auch ein inneres Feld: Erwartungen, Verletzungen, Projektionen, unbewusste Übertragungen.

Wenn jemand mich kritisiert, fragt sich nicht nur, ob er recht hat. Die tiefere Frage ist: Welche Resonanz ruft er in mir hervor? Und ebenso: Welche Bewegung hat ihn selbst zu dieser Aussage gebracht?

Kritik ist niemals nur Inhalt. Kritik ist immer auch Energie. Und diese Energie ist oft getragen von einer inneren Spannung, die im Ausdruck einen Weg sucht. Der Impuls zu kritisieren ist in vielen Fällen ein Ausdruck innerer Unordnung, ungelöster Themen oder auch eines Gefühls von Machtlosigkeit. Kritik wird dann zum Ventil.

Doch es geht nicht darum, Kritik abzuwehren. Es geht darum, ihren Spiegelcharakter zu erkennen. Denn der Spiegel wirkt in beide Richtungen.

Wer kritisiert, offenbart sich. Wer kritisiert wird, wird geprüft: auf seine Stabilität, seine Offenheit, seine Reife.

Die tiefere Haltung ist deshalb nicht Verteidigung, sondern Lauschen: Was geschieht hier wirklich? Was wird sichtbar? Wo ist die Wahrheit – nicht als Urteil, sondern als mögliche Offenbarung?

In der Akademie ist Kritik kein Tabu. Aber sie ist auch kein Spielfeld für Projektion. Sie ist ein Hinweis. Ein Impuls. Und manchmal: ein Ruf zur tieferen Wahrhaftigkeit.

In diesem Sinne: Wenn du etwas in mir zu kritisieren glaubst, frage dich auch: Was in dir ruft dich dazu? Und wenn du etwas in dir verletzt fühlst, frage dich: Was in mir hat geantwortet?

Das ist nicht bequem. Aber es ist echt.

Und vielleicht ist es genau das, worum es geht.

alles Liebe
alexander


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Was mich antreibt, ist Klarheit. Nicht Konfrontation.
Hier findest du meine Grundgedanken zum Umgang mit Kritik und Wahrhaftigkeit.

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