Es gibt Sätze, die mehr entlarven als hundert Erklärungen:
 
"Kein Recht, nur ein Urteil"


Manchmal sagt ein Satz alles. Nicht, weil er laut ist – sondern weil er ungewollt das offenbart, was sonst verborgen bleibt.

„Von mir bekommen Sie kein Recht, sondern ein Urteil.“


Ein Satz, wie er von Richtern hier zu Lande regelmäßig ausgesprochen wird. Und ein Satz, der unsere These aus Teil 3 der Serie mehr als nur bestätigt: Es geht nicht um Wahrheit. Es geht nicht um Gerechtigkeit. Es geht um Form.

Der Richter ist kein Wahrheitsfinder. Er ist ein Verwalter der Ordnung. Und die Ordnung fragt nicht, was ist oder war – sondern, was vorgesehen ist.

Urteil statt Wahrheit

Ein Urteil ist nicht die Folge einer Erkenntnis. Es ist ein Beschluss im Rahmen eines Systems, das durch Protokolle, Normen, Zuständigkeiten und Begrenzungen definiert ist.

Was der Richter spricht, ist nicht das, was ist. Sondern das, was entschieden werden kann – gemäß den Regeln, nicht gemäß der Wirklichkeit.

„Urteil heißt: So sieht es das System. Nicht: So ist es.“


Ein geflügeltes Eingeständnis

Fragt ein Mandant seinen Anwalt nach den Aussichten vor Gericht,
fällt häufig ein altbekannter Satz:

„Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand.“


Was klingt wie ein Sprichwort, ist in Wahrheit ein Eingeständnis. Und zwar nicht von außen – sondern aus dem Inneren der Struktur. Selbst der systemvertraute Vertreter des Rechts scheut sich, klare Aussagen zu treffen.

Denn er weiß: Das Urteil folgt keiner Wahrheit. Es folgt einer Agenda, die nicht erkennbar, nicht kalkulierbar – und oft nicht einmal nachvollziehbar ist.

Was bleibt, ist ein Verweis auf das Höhere – nicht aus Demut, sondern aus Ratlosigkeit.


Die Rolle des Richters – und ihre Begrenzung

Der Satz offenbart auch, dass viele dieser Wächter sehr wohl spüren, dass sie nicht frei agieren. Sie vollziehen. Sie legitimieren. Und viele ahnen vielleicht, dass sie Teil eines Gefüges sind, das sie weder geschaffen noch verlassen können.

Es ist die Kammer, das Protokoll, der Rahmen – der entscheidet, nicht der Mensch.

Ein weiterer Satz verdient in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit:

„Im Namen des Volkes.“


Auch hier spricht der Richter nicht als er selbst – sondern für etwas. Für eine Instanz, für eine Legitimationsstruktur, die ihm vorgibt, wer spricht und wie gesprochen wird. Er ist nicht Subjekt des Urteils, sondern Sprecher einer Funktion. Und selbst die Verantwortung wird formal delegiert – an ein Kollektiv, das nie gefragt wurde.

„Ich weiß, dass ich nichts erkennen kann. Ich darf nur bewerten, was mir erlaubt ist. Und wenn ich spreche, dann nicht in meinem Namen – sondern im Namen eines Kollektivs, das weder gefragt noch greifbar ist."


Die verschwundene Unterschrift

Ein dritter Aspekt rundet das Bild ab: die immer öfter fehlende Unterschrift.

In vielen Gerichtsdokumenten – aber auch weit darüber hinaus – finden sich Urteile, Bescheide und Anordnungen, die formale Gültigkeit in Anspruch nehmen, jedoch nicht mehr unterschrieben werden. Ja, sie werden nicht einmal mehr durch den Handelnden oder seine Vertretung "persönlich unterzeichnet".

Was somit fehlt, ist nicht nur die formale Bestätigung des Handelnden. Vielmehr fehlt jegliche Übernahme von Verantwortung. Ja – nicht einmal mehr "im Auftrag". Die Handlung wird auf eine fiktive und abstrakte Struktur verlagert – auf das Amt, das Protokoll, das System.

Und so schreibt dann auch „Das Amtsgericht“, „Das Finanzamt“, „Das Zollamt“ – ohne Unterschrift und nicht selten ganz ohne jegliche Namensangabe:

„Mit freundlichen Grüßen – Ihr Zollamt.“


Und so wird – ganz nebenbei – nicht nur, wie schon zuvor, eine "fiktive Person" vom Menschen entkoppelt, sondern inzwischen auch die "handelnde Person" von einem anonym agierenden, fiktiven System.

Die Person mit Namen und Unterschrift verschwindet. Sie wird ersetzt durch einen Anonymus, einen unsichtbaren Funktionsträger.

Was nicht unterzeichnet wird, trägt keine Haftung – muss niemand verantworten.

Erstaunlich: Trägt eine solche bisherige Personenunterschrift doch ohnehin nur eine streng begrenzte Haftung innerhalb der systemischen Ordnung – denn agiert der Unterzeichnende innerhalb dieser Formalien, so ist er von einer weitergehenden "persönlichen Haftung" freigestellt.

Aktuell aber verschwindet selbst dieser letzte Rest formalisierter Verantwortung – und mit ihm auch das damit verbundene "Restrisiko". Denn wer nicht einmal im Rahmen der systemischen Ordnung Verantwortung übernehmen will oder kann, schweigt ganz – auch mit der Hand.

Aber vielleicht ist das alles nur eine logische Vorbereitung für den nächsten Schritt:

Die kommende digitale Verwaltung

Vielleicht unterschreibt dann künftig die KI. Oder etwas, das noch weniger greifbar ist – eine Instanz, die nicht denkt, nicht fühlt, nur ausführt. Und niemandem mehr Rechenschaft schuldet.


Fortsetzung folgt


Von

alexander Wagandt

  • GENAU•so i s t ES…

    u n d

    DIES i s t noch længst NICHT all•ES

    NICHT w a h r . . . ? !

    n a t a r a l

    lieber alexander… – herzlichen DANK für diese weit•ER•e er•INN•er-UNG…

    namasté & namaskar

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